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Allgemein: Verunsicherung im Ehrenamt

Paderborner Vereine sind entsetzt über Detmolder Gerichtsurteil

Paderborn. Mit diesem Urteil ging ein Aufschrei durch sämtliche Vereine der Republik: Das Amtsgericht Detmold hat den ehrenamtlich engagierten Volker Dierk (43) zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er bei einem Fußballturnier der D-Junioren seine Aufsichtspflicht verletzt habe, während sich ein Kind schwer verletzte (die NW berichtete). Mit dem Schuldspruch sehen Paderborner Vereine die ehrenamtlichen Kräfte, die die Vereinsarbeit maßgeblich tragen, drastisch verunsichert.

Das Ehrenamt stellt das Fundament einer jeden Vereinsarbeit. Weil das bekanntlich so ist, stand das Jahr 2014 im Kreis Minden-Lübbecke sogar unter dem Motto "Jahr des jungen Ehrenamtes". Dabei wurden zahlreiche engagierte Betreuer aus den Bereichen Kirche, Sozialem, Sport und Kultur ausgezeichnet. Am Tag des Ehrenamtes, am 5. Dezember, wurden auch im Kreis Paderborn zahlreiche Engagierte geehrt. Das stets überall nach freiwilligen Helfern gesucht wird, ist kein Geheimnis. Und weil das Ehrenamt so wichtig ist, fürchten Paderborner Vereine, dass die Frage der Absicherung durch das in Detmold getroffene Urteil für Ehrenamtliche in den Vordergrund rücken könnte.

"Insgesamt ist das Urteil für den Stadtsportverband ein unglücklicher Entschluss", sagt Mathias Hornberger, Vorsitzender des Stadtsportverbandes Paderborn. "Dass es eine Aufsichtspflicht gibt, ist klar, aber ob die auch für die Nebenhalle gilt, wo auch andere Trainer mit ihren Mannschaften trainiert haben, die hätten aufpassen können, ist schwierig zu beurteilen. Die Schuld an den Ehrenamtlichen zu übergeben, der auch noch parallel in der Organisation eingebunden war, ist sehr unglücklich. Diese Entscheidung wird es nicht einfacher machen, Menschen für das Ehrenamt zu begeistern", so Hornberger, der auch die Debatte um Führungszeugnisse, die erst kürzlich vom Bundeskinderschutzbund gefordert und von zahlreichen Vereinen abgelehnt worden waren, ansprach. "Dieser Fall wäre dann der nächste Rückschlag für das Ehrenamt."

Grundsätzlich seien Trainer und Teilnehmer über den Landessportbund versichert. Für den Zustand der Halle sei außerdem auch der jeweilige Hallenbetreiber zuständig. Geräte würden jährlich im Zuge einer Hauptprüfung durch eine externe Firma kontrolliert.

Mit seiner Einschätzung, welche Auswirkungen das Detmolder Urteil auf die örtlichen Vereine hat, ist Hornberger nicht alleine: "Wir vermuten, dass dieses Urteil viele Ehrenamtler verunsichern wird", sagt Uschi Schräer-Drewer, Ehrenamtsmanagerin bei der Caritas Wohnen im Erzbistum Paderborn gemeinnützigen GmbH. "Ehrenamtlich Tätige sind über den Träger versichert, aber es kommt auch immer auf die Art der Klage an. Ich denke, die Frage nach der Absicherung könnte jetzt häufiger aufkommen. Das Ehrenamt ist ein wichtiges Standbein, das wir nicht missen wollen", so Schräer-Drewer, die das Ehrenamt im Bereich der Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen für die Caritas managt. Hauptsächlich sucht sie Freiwillige, die als Freizeitpartner in Erscheinung treten.

"Das Signal, das dort gesetzt wurde, ist schon hart. Auf der anderen Seite übernimmt jeder Übungsleiter sehr viel Verantwortung, wenn er eine Gruppe übernimmt", äußert sich auch Landrat Manfred Müller auf Nachfrage der Neuen Westfälischen. "Im Fall des Tor-Unfalls scheint mir die Verantwortungsfrage aber weit ausgelegt zu sein. Die Tore werden ja schon länger in diesem Zustand gewesen sein und einer ist dann betroffen. Wenn das jetzt andere abschreckt vom Ausüben eines Ehrenamtes, wäre das sehr bitter. Wir sind froh und dankbar um jeden, der sich als Übungsleiter engagiert."

Auch Mathias Vetter, Geschäftsführer des SC Grün-Weiß Paderborn, bedauert das Urteil. "Das Ehrenamt wird dadurch verunsichert. Das sind alles Menschen, die sich in ihrer Freizeit engagieren als Betreuer oder Trainer. Und das Urteil kann abschreckend wirken, sich für das Ehrenamt zu entscheiden, wenn man persönlich für tragische Unfälle belangt werden kann. Das ist ein Fall gewesen, der jederzeit passieren kann. Ohne das Ehrenamt geht es im Verein nicht." Auch beim SC Grün-Weiß Paderborn seien überwiegend Ehrenamtliche tätig.

© 2015 Neue Westfälische, 15 - Paderborn (Kreis), Samstag 24. Januar 2015