Behindertensport: Höher, schneller, heiter

Zweiter Wettkampftag am 10. Juni: Erfolgreiche TuRanerinnen und TuRaner mit dem Trainerteam Maike und Sören Beilfuß (Foto: Bernd Kürpick)Abschlußveranstaltung am 10. Juni: Stolze Athleten präsentieren sich mit dem Betreuerteam und Bürgermeister Michal Dreier

1. Special-Olympics-NRW-Spiele: Bei den Wettkämpfen in Paderborn kommt beim Kampf um Medaillen auch der Spaßfaktor nicht zu kurz

(von Frank Beineke) Ihren großen Auftritt hatte Sarah Öztas schon vor ihrem ersten Wettkampf-Start. Die Leichtathletin der TuRa Elsen durfte am Montag bei der Eröffnungsfeier das olympische Feuer entzünden. "Das war natürlich aufregend", sagt Öztas. Bei ihren Wettkämpfen im Kugelstoßen und im Sprint dürfte sich die Nervosität dagegen in Grenzen halten. Schließlich war die Mitarbeiterin der Caritas-Schlosswerkstätten schon bei zahlreichen internationalen und nationalen Spielen dabei. Bei den NRW-Spielen sind nun acht TuRa-Athleten im Einsatz. "Unsere Trainingsgruppe ist eigentlich deutlich größer. Aber viele haben sich diesmal für Fußball oder fürs Schwimmen entschieden", berichtet Maike Beilfuß, die mit ihrem Bruder Sören die Elsener Leichtathleten trainiert. Und die wollen heute nach Medaillen greifen. Gestern nämlich stiegen im Stadion des Ahorn-Sportparks erst einmal die Klassifizierungswettbewerbe, die dazu dienen, die Sportler in möglichst homogene Leistungsgruppen einzuteilen. Jason Marc Ellis dürfte damit heute auf besonders starke Konkurrenten treffen, denn in seinem 100-Meter-Vorlauf wurde er vor seinen Teamkollegen Carsten Beilfuß und Steffen Rammert Zweiter. Das war auch keine große Überraschung. Schließlich hat Ellis selbst bei Special-Olympics-Weltspielen schon auf dem Treppchen gestanden.

 

 

Golf

Die Paderborner Hermann-Schmidt-Schule und Golf - das ist eine wahre Erfolgsgeschichte. Schon seit 2003 gibt es dort eine Golf-AG. Mittlerweile ist die Sportart sogar Bestandteil des offiziellen Lehrplans. Und so ist die Förderschule auch mit einer starken Truppe bei den NRW-Spielen vertreten. Bei den Wettkämpfen auf dem Golfplatz Haxterpark genießen die Paderborner Schüler ein echtes Heimspiel. Schließlich wird auf dieser Anlage ein Mal pro Woche trainiert. Und so läuft auch bei Kevin Konietzny alles bestens. "Allerdings ist es heute ziemlich windig", sagt der 18-Jährige, der schon seit acht Jahren in der Golf-AG der Hermann-Schmidt-Schule aktiv ist.

"Es macht einfach großen Spaß. Und selbst ich als alter Hase lerne noch immer etwas dazu", sagt Konietzny, während sein Schulkollege Patrick Ruckgarber etwas geknickt von der Driving Range kommt. Bei einem Abschlag ist sein Driver zu Bruch gegangen. "Ich bin der Schlägermörder", scherzt Ruckgarber. Matthias Lenzmeier verteilt derweil fleißig Bälle an Aktive, Helfer und Zuschauer. Auch der 20-Jährige hatte einst vor zehn Jahren seine Golfkarriere als Schüler der Hermann-Schmidt-Schule gestartet. Inzwischen ist der Thüler ein Meister seines Fachs.

So hat Lenzmeier schon zahlreiche Special-Olympics-Medaillen auf nationaler und internationaler Ebene eingeheimst. Als Greenkeeper im Golfclub Paderborner Land hat er zudem sein Hobby zum Beruf gemacht. Die NRW-Spiele sind für ihn nun eine Etappe auf dem Weg zum großen Saisonhöhepunkt. Denn Ende Juli geht es für Matthias Lenzmeier zu den Special-Olympics-Weltspielen nach Los Angeles.

Boccia

In der Halle des Ahorn-Sportparks wird unterdessen fleißig Boccia gespielt. Hier sind sechs Sportler aus der Behindertensportabteilung der TuRa Elsen dabei. Sie alle sind auf den Rollstuhl angewiesen. Einer davon ist Dirk Struk. "Die Wettkämpfe gefallen mir sehr gut. Das sollte man viel häufiger machen", sagt der Mitarbeiter der Schlosswerkstätten, der sofort den Dreh raus hat. Dabei ist alles neu. "Normalerweise werfen wir die Kugeln. Hier müssen wir sie rollen. Und es ist ein ganz anderer Untergrund. Aber letztlich kommt es mir sogar ganz gelegen", berichtet Struk und schnappt sich die Kugel. Es folgt der nächste blitzsaubere Wurf. TuRa-Trainerin Christiana Claes ist beeindruckt. "Der Sport bringt unheimlich viel Freude, ist fesselnd und spannend. Und es durchbricht die tägliche Routine", so Claes.

Fußball

Aller Anfang ist schwer. Diese Erfahrung mussten gestern auch die Fußballer der TuRa Elsen im Paderborner Inselbadstadion machen. Denn das Team, das zum ersten Mal an Special-Olympics-Spielen teilnimmt, kassierte zum Auftakt eine 0:18-Schlappe gegen Irchenrieth. "Die haben wohl schon einige Jahre Erfahrung auf einem solch großen Platz auf dem Buckel. Wir spielen und trainieren ja sonst nur auf dem Kleinfeld", urteilen die TuRa-Trainer Patrick Beiersdorfer und Simon Marsh über die bärenstarken Gäste aus der Oberpfalz. Doch die TuRa-Kicker lassen sich nicht unterkriegen und feiern in ihrem zweiten Spiel gegen die Lebenshilfe Brakel ein fulminantes Comeback. Ulrich Hils bringt Elsen vor der Pause in Führung. Nach dem Wechsel schnüren Johannes Ladho und Manuel Mehring jeweils einen Doppelpack, während Helene Fischers "Atemlos" durch die Lautsprecherboxen dröhnt. Am Ende steht in diesem Hochstift-Derby ein 5:1-Erfolg für die TuRa zu Buche. "Doch ob Sieg oder Niederlage. Die Jungs haben einfach Lust am Fußball. Das ist der große Antriebsmotor", betont Simon Marsh. Die besagte Lust dürfte auch heute nicht flöten gehen, wenngleich die nächste herbe Schlappe droht. Denn Elsen muss noch einmal gegen Irchenrieth ran.

Schwimmen

Mit 38 Sportlern ist die Behindertensportabteilung der TuRa Elsen bei den NRW-Spielen vertreten - und gleich 16 gehen in der Paderborner Schwimmoper auf Medaillenjagd. Mit Erfolg, denn bereits gestern gab es in den Wettkämpfen über 50 und 100 Meter rund ein Dutzend Podestplätze für Elsen. Die TuRa-Starter kennen hierbei das Ambiente. Schließlich war die Schwimmoper schon Schauplatz diverser Special-Olympics-Schwimmfeste. "Aber diese Spiele sind für uns etwas ganz Besonderes. Und die Stimmung ist einfach klasse", sagt TuRa-Coach Michael Tack, auf dessen Athleten wohl heute bei den Wettkämpfen über 25 Meter der nächste Medaillenregen wartet. Doch wenn?s mal nicht mit dem Podest klappt, ist es nicht allzu tragisch. Denn auch bei den TuRa-Schwimmern steht der Spaß eindeutig im Vordergrund.

© 2015 Neue Westfälische, 15 - Paderborn (Kreis), Mittwoch 10. Juni 2015