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Allgemein: Sportvereine leisten gute Arbeit

Leserbrief von Jürgen Baur, Paderborn, zur Vorstellung der Jugendstudie „Aufwachsen mit Sport“ und dem Artikel „Sportverein als soziale Stütze“ in der Neuen Westfälischen Zeitung

Wer sich für bürgerschaftliches Engagement interessiert, dem fallen als erstes die Sportvereine ein: ausgesprochen attraktiv schon für Kinder und Jugendliche, die sich ihnen zu Tausenden anschließen. Das Professorenteam Wolf-Dietrich Brettschneider und Erin Gerlach haben genauer recherchiert, wie die „Jugendarbeit“ der Sportvereine funktioniert und ihre Befunde neulich einer Expertenrunde zur Diskussion vorgelegt. Auf dem Podium saßen allerdings nur Vertreter der Sportverbände und der Sportpolitik. Vermisst wurden Sprecher der Sportvereine selbst, die der Diskussion eine realistischere Wende hätten geben können, wenn sie auf Folgendes aufmerksam gemacht hätten:

(1) Sportvereine sind Freiwilligenorganisationen, in denen sich Personen zusammentun, um sich für ihre gemeinsamen Sportaktivitäten einen geeigneten organisatorischen Rahmen zu geben. Darin (so sagen die Soziologen) liegt ihr primärer Organisationszweck. Und daran orientiert sich auch ihre Jugendarbeit. Heißt: Kinder und Jugendliche sollen an den Sport und an ein Leben mit sportlicher Aktivität herangeführt werden, weil damit ein Stück Lebensqualität gewonnen werden kann.

 

Darin sind sich eigentlich alle einig: Unter diesen Voraussetzungen machen die Kinder und Jugendlichen selbst engagiert mit; so sehen es die Eltern, die ihre Kinder in die Sportvereine bringen; das ist die Perspektive der vielen ehrenamtlichen Übungsleiter und Trainer, die sich um den Nachwuchs kümmern. Und auch die Sportpädagogik weist dieser „Erziehung zum Sport“ aus guten Gründen einen hohen Stellenwert zu. Man kann also nur zu der Schlussfolgerung gelangen: Im Rahmen ihrer organisatorischen Möglichkeiten leisten die Sportvereine eine gute, teils hervorragende Jugendarbeit, die viel Lob verdient.

(2) Dagegen tragen die Sport(jugend)verbände eine ganz andere pädagogische Fahne vor sich her: Erziehung durch Sport. Und in ihren Programmschriften sind alle jene heren Erziehungsziele aufgelistet, die vor allem im politischen Raum (also bei denen, die auf den Fördertöpfen sitzen) so gut ankommen. Stärkung des Selbstbewusstseins und der Leistungsmotivation, Vermeidung von gesundheitsriskantem und gewaltbereitem Verhalten, Förderung von prosozialem Verhalten und so weiter. Sportverbände tun so, als wären Sportvereine in erste Linie Erziehungseinrichtungen mit professionellem Personal. Sie überfrachten sie mit hochgestochenen Erziehungszielen, die selbst dort – etwa im Schulsport – gelegentlich in Zweifel gezogen werden.

Und dann rauscht es wieder einmal durch den Blätterwald, wenn Untersuchungen jenes Wunschdenkens als das entlarven, was es ist: Wunschdenken!

Eines sollten die Sportvereine und die vielen ehrenamtlichen Jugendbetreuer dabei aber nicht übersehen: Es sind nicht die „ahnungslosen“ Sportwissenschaftler, es sind die eigenen Sportverbände und die mit ihnen dicht vernetzte Sportpolitik, die konsequent an der Realität des vereinsorganisierten Jugendsports vorbeireden. Es sind die Sport(jugend)verbände, die das nächste sozialpädagogische Wunschprogramm auflegen, anstatt ihre vornehmste Hausaufgabe endlich einmal anzugehen: nämlich: unter Berücksichtigung der besonderen Organisationsstrukturen von Sportvereinen als Freiwilligenvereinigungen pädagogisch qualifizierte Konzepte für eine praktische Vereinsarbeit zu erarbeiten – um diese dann auch konsequent gegenüber einer pädagogisch unaufgeklärten Jugendpolitik zu vertreten.

Jürgen Baur

33100 Paderborn